Konzept
Waldorfkindergärten Hagen-Delstern, Hagen-Haspe, Ennepetal-Voerde
Märchenkreis
Um einen gesunden Rhythmus leben zu können, muss dieser Zeit nun eine Zeit des Einatmens folgen. Dies ist mit dem Märchenkreis gegeben: Die Kinder sitzen ca. 15 Minuten still und lauschen einer Geschichte.
Das Spiel, z. B. im Garten, hat die Kinder aktiv ihre Umwelt gestalten lassen, sie sind gerannt, gesprungen, geklettert oder haben im Sand gespielt. Ihr ganzer Körper war im Einsatz. Es war eine Zeit des Agierens und des Aufbrauchens der körperlichen Kräfte. Vergleicht man den Rhythmus des Ein- und Ausatmens mit dem Geschehen in den alltäglichen Abläufen, so kann man hier von einer Zeit des Ausatmens sprechen. Um einen gesunden Rhythmus leben zu können, muss dieser Zeit nun eine Zeit des Einatmens folgen. Dies ist mit dem Märchenkreis gegeben: Die Kinder sitzen ca. 15 Minuten still und lauschen einer Geschichte.
Zur Einstimmung wird zum Beispiel eine Kerze angezündet, ein Sinnbild für das Anzünden unseres inneren Lichtes. Ein Lied oder Spruch stimmt uns chorisch auf die besinnliche Stimmung des Märchens ein. Und in dem etwas abgedunkelten Raum wird ein seelischer Raum für das Zuhören geschaffen. Nun kommen die Kinder zur Ruhe und ihre Seele erhält Nahrung durch das Märchen.
Die zu erzählende Geschichte wird nach verschiedenen Gesichtspunkten ausgewählt. Inhaltliche und sprachliche Aspekte, z.B. Jahres- und Festeszeit, rhythmische Wiederholungen und die Gruppenkonstellation sind dabei von Bedeutung. Sie wird über einen bestimmten Zeitraum in unterschiedlicher Art und Weise ausgestaltet und wiederholt, damit sie von den Kindern ganz verinnerlicht werden kann, sowohl vom Inhalt als auch vom sprachlichen Ausdruck her. Auf diese Weise dient sie unter anderem als sprachfördernde Einheit im Kindergartenalltag, denn in ihrer Sprache erhebt sie sich künstlerisch über die Alltagssprache hinaus. Dies wird besonders an den Märchen der Gebrüder Grimm deutlich. Aber auch einfachere Geschichten, die eine Wiederholung von sprachlichen Einheiten und/oder Reimen enthalten, sind für die Kinder mit ihrer Liebe zu Rhythmus und Reim eine Freude und eine Bereicherung des sprachlichen Ausdrucks. Für die kleineren Kinder, die noch ganz in der Gegenwart leben, stellt sie sich jeden Tag neu dar. Sie erleben die Abenteuer jeden Tag aufs Neue. Gleichzeitig haben sie auch große Freude an Wiederholungen, sie geben ihnen das Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit. Die größeren Kinder fangen an, sich an die Geschichte vom Vortag zu erinnern. Damit es ihnen nicht langweilig wird, ist die Erzählkunst der Erzieherin und des Erziehers gefragt: Wie lebendig kann sie die Geschichte vor ihrem inneren Auge entstehen lassen, damit auch die Großen in die Erzählung eintauchen können? Eine weitere Möglichkeit, die Erzählung neu und interessant zu gestalten, ergibt sich z.B. durch das Stehpuppen- oder Marionettenspiel. Dieses visualisiert auf einfache Weise die Begebenheiten der Geschichte und kann von der Erzieherin, aber auch von den Kindern gespielt werden. Oft genug kann man erleben, dass so ein Spiel, je überschaubarer und einfacher es aufgebaut ist und gespielt werden kann, sich anregend auf das freie Spiel der Kinder auswirkt. Diese fangen während der aktiven Spielezeit an, selber Stehpuppen oder Marionettenspiele aufzubauen, ihre Freunde einzuladen und ihnen eine Geschichte zu erzählen. Aus dem Zuhören kommen sie so in das aktive Erzählen hinein. Dabei werden der Aufbau und Fluss eines gedanklichen Bogens geübt und grammatikalische Wendungen erprobt.
Nach dem Märchenerzählen führt die Erzieherin oder der Erzieher durch Spruch oder Lied die Kinder aus der beschaulichen Märchenzeit in die Gegenwart.